DER DIGITALE ZWILLING UND SEINE VORTEILE

Wie die integrale Planung mit BIM das Bauen einfacher und effizienter macht

Patrick Woerle

BIM – drei Buchstaben, die die Baubranche bereits jetzt zum Wandel anregen und auch in Zukunft komplett verändern werden. Dank Building Information Modeling, also einer digitalen und integralen Planungsmethode, sollen Produktivität und Transparenz auf den Baustellen massiv gesteigert werden. Über die konkreten Vorteile gerade im Planungsprozess berichtet Dr. Patrick Woerle im Interview. Der promovierte Bauingenieur arbeitet bei Hilti als Segmentleiter Engineering für Zentraleuropa.

 

Herr Woerle, warum ist BIM der optimale Prozess der Zukunft?

Das Bauen nach traditionellen Methoden ist nicht wirklich effizient. Das zieht sich von der Planung über die Ausführung bis hin zum Betreiben von Objekten durch alle Phasen im Bauprozess. Die Digitalisierung und insbesondere BIM versprechen hier eine absolute Kehrtwende. Bereits in der anfänglichen Planung kann man tiefer ins Detail gehen und ist ständig im Austausch mit allen Gewerken. So entstehen weniger Planungs- und letztendlich auch weniger Ausführungsfehler. Das hilft dabei, den Zeit- und Kostenplan besser einhalten zu können.

 

Greift die digitale Planungsmethode nur bei Großprojekten? 

Auf keinen Fall! Die Anwendung der BIM-Methode lohnt sich für Projekte aller Größenordnungen. Es geht ja um viel mehr als nur die objektbasierte Modellierung. Letztendlich werden alle Beteiligten im übertragenen Sinn an einen Tisch geholt und die Kommunikation untereinander optimiert, einhergehend mit einer Verbesserung der Prozesse. Und auch nach dem Bau profitiert das Gebäudemanagement von den digitalen Plänen – bei kleinen wie bei großen Projekten.

 

Wie sehen die Hilti Lösungen in Bezug auf BIM aus? 

Traditionell unterstützen wir mit Geräten und Messtechnik. Im Bereich BIM sind es vor allem Service- und Softwarelösungen, die wir anbieten. Wir wollen unseren Kundinnen und Kunden in allen Projektphasen ein starker Partner auf dem Weg der digitalen Transformation sein – von der Planung, der Vorfertigung und der Logistik bis hin zu BIM-to-Field, der Validierung und Field-to-BIM. Dafür entwickeln wir ganzheitliche Lösungen, die eine volle Integration in die Arbeitsumgebung bieten.

 

Wie kann man sich diese Integration in der Praxis vorstellen? 

Für jedes Stadium gibt es passende Möglichkeiten. So macht es beispielweise Sinn, uns schon recht früh, etwa bei der Planung von gewerkeübergreifenden Befestigungen, ins Boot zu holen. Durch eine vollständige Konzeption im Vorfeld durch unsere Teams aus BIM-Expertinnen und -Experten lassen sich Material- und Installationskosten erheblich reduzieren. Mit vorab eingeplanten Hilti Ankerschienen wird nachträgliches Bohren von Befestigungen zum Beispiel überflüssig, was wiederum viel Arbeitsaufwand spart.

Dank der gründlichen Planung können Teile verschlankt, besser vorgefertigt und dann genau zum Zeitpunkt des Einbaus direkt an die Baustelle geliefert werden. Mit Hilfe der Modellierung und moderner Messtechnik gelingt auch die Installation vor Ort. Dabei kann etwa der Hilti Jaibot zum Einsatz kommen. Der semi-automatische Bohrroboter unterstützt bei Überkopfarbeiten zur Installation von Gebäudetechnik. Dabei arbeitet er exakt nach dem digitalen Plan, ist dabei auch noch schnell und bietet Anwenderinnen und Anwendern mehr Komfort und Sicherheit.

Bei den anstehenden Wartungsarbeiten im späteren Gebäudebetrieb hilft dann der digitale Zwilling in Kombination mit dem Hilti Dokumanager. Bei Veränderungen am Gebäude können diese ebenfalls über Field-to-BIM in den Plan zurückgespielt werden, wodurch die Informationen für alle Beteiligten zugänglich sind. Und das sind nur einige Beispiele, die auf der Baustelle 4.0 zum Einsatz kommen.

 

Lässt sich BIM sofort und für jedes Unternehmen in vollem Umfang umsetzen? 

Bei der Einführung von BIM müssen sich Unternehmen zunächst überlegen, was die Methode in welchen Projektphasen überhaupt bewirken soll. Daraus ergeben sich dann Investitionen in Hard- und Software sowie in die Weiterbildung der Mitarbeitenden. Zudem muss die Entscheidung für Building Information Modeling in der Geschäftsführung verankert sein. In der Regel sind Unternehmen nicht so redundant aufgestellt, dass man sich mal eben dem Tagesgeschäft entziehen kann, um entsprechende Kompetenzen in BIM aufzubauen. Man muss es aber wirklich als kompletten Wandel begreifen und bereit sein, eingefahrene Prozesse auf den Prüfstand zu stellen.

 

Wie kann Hilti da unterstützen?  

Wir möchten unsere jahrelang aufgebaute Erfahrung in Sachen BIM gerne an unsere Kundinnen und Kunden weitergeben. Wie sehr wir an diese Methode glauben, zeigt allein die Tatsache, dass wir dafür bereits 2019 das BIM Experience Center in Rotterdam ins Leben gerufen haben. Hier wird die digitale Planung nicht nur greifbar, sondern hier bündeln wir auch unsere Kompetenzen in diesem Bereich. Zudem werden wir unsere Services und Produkte stets weiterentwickeln. Im täglichen Kundenkontakt sehen wir ja, was läuft und was nicht. Da können wir ansetzen, um zu optimieren. Aber auch bei der Einführung und den ersten Schritten mit BIM stehen wir jederzeit beratend zur Seite.

 

Wer profitiert von BIM am meisten?

Am Ende werden ganz klar alle profitieren. Planende, weil sie deutlich weniger Doppelarbeit haben werden, besser mit den Gewerken kommunizieren können und sich sicher sein können, dass alles exakt umgesetzt und dokumentiert wird. Die Auftraggebenden, weil sie sich auf den Zeit- und Kostenrahmen verlassen können. Und schließlich die ausführenden Unternehmen, da sie eine vollständige Planung als Grundlage für ihre Kalkulation erhalten.

 

Wie sieht Ihr persönlicher Blick in die Zukunft bezüglich der digitalen Transformation im Baugewerbe aus? 

Ich bin mir sicher, dass das, was wir gegenwärtig unter BIM verstehen und anwenden, nur die Spitze des Eisberges ist. Die rasante Entwicklung im Bereich Digitalisierung und Vernetzung wird uns schon in naher Zukunft weitere Möglichkeiten eröffnen. Der Hilti Jaibot ist bereits eine davon. Effizientere Planung, Standardisierung, Vorfertigung und damit auch schnellere Laufzeiten sind erst der Anfang. Themen wie Virtual und Augmented Reality, durch die wir Auftraggebenden noch vor Baubeginn das Objekt im Detail präsentieren können, sind bereits auf dem Vormarsch. Das ist eine spannende Zeit voller neuer Entwicklungen, die da vor uns liegt. Aber starten müssen wir bereits hier und jetzt.

 

Sehen Sie sich jetzt das BIM Webinar an, in dem viele Kundenfragen auch noch beantwortet werden.

Weiterführende Informationen zu den einzelnen BIM Services finden Sie hier.

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